Essen macht glücklich
Ich bin gerne glücklich und ich esse gerne. Doch während man früher einfach ass, um satt zu sein, wird es heute immer komplizierter, den steigenden Ansprüchen an die Ernährung gerecht zu werden. Heute soll Essen gesund sein, Spass machen, der schlanken Figur nicht schaden und natürlich auch die Umwelt schonen.
Doch wer blickt vor lauter klimaneutral, ökologisch, nachhaltig, umweltfreundlich, regional, biologisch, fair trade, low carb, high protein und so weiter überhaupt noch durch?
So ist es auch kein Wunder, dass ein ganz gewöhnlicher Einkauf zu einer hochkomplizierten Sache wird. Darf ich noch Fleisch kaufen oder wird mein ökologischer Fussabdruck dadurch gleich wieder massiv erhöht? Wie war das noch gleich: rotes Fleisch schlecht – weisses Fleisch gesund? Doch soll ich nun lieber Bio-Poulet aus dem Tessin nehmen oder ist Fleisch von glücklichen Hühnern aus der Region ökologischer und tierfreundlicher gehalten?
Weiter gehts – lieber Salat oder Gemüse? Salat in Säcken, super praktisch, aber wahrscheinlich nicht gerade ökologisch? Und vielleicht noch eine Avocado – ach nein, geht ja auch nicht, verbraucht ja viel zu viel Wasser!
Stolz schaue ich auf den Rotwein in meinem Wagen: IP-Suisse steht darauf – doch sogleich wird mir bewusst, dass diese Flasche und mein Cholesterinwert wohl keine Freunde werden.
Und dann ist da ja auch noch die Sache mit der Figur. Ass man früher einfach die Hälfte, gibt es heute unendlich viele Diäten. Der neuste Schrei in Sachen Abnehmen ist ja Intervallfasten. Doch das hat bei mir gar nichts gebracht. Obwohl ich im vergangenen Jahr ganze elf Monate auf Weihnachtsguetzli verzichtet habe und nur einen Monat so viele davon gegessen habe, wie ich wollte, endete die Sache gewichtsmässig gar nicht gut – doch ich war glücklich!
Ja, das Leben wird komplizierter, wenn man sich korrekt verhalten will. Wobei korrekt noch zu definieren ist. Unglücklicherweise versuchen diverse Gruppen, allen anderen das Korrekt zu definieren. Ich erinnere mich an die Initiative von Studenten, dass es in der Mensa ausschliesslich noch veganes Essen gibt.
Interessant ist auch, dass viele meiner Kollegen, der oder die etwas neues für sich entdeckt hat, grad versuchen, es mir zu „verkaufen“. Das geht dann in Richtung des neuen Berufs des Influencers, den ich wohl nie verstehen werde.
Solange es glücklich macht…